Katja Kersten - Hörwahrnehmungstraining

Autistische Menschen erleben die Welt als verzerrt und überwältigend. Sie können die Reizimpulse, die täglich auf sie einströmen, schwer verarbeiten. Dies betrifft bei einem Autisten immer mindestens zwei ihrer Sinnesorgane. Sie versuchen sich zu helfen, in dem sie sogenannte Stereotypien, eigenartige Angewohnheiten, als Bewältigung Strategien einsetzen. So können sie sich zum Beispiel stundenlang mit dem Wedeln von Schnüren, dem Drehen von Spielzeugautorädern, dem sich Hin- und Herschaukeln, dem Produzieren von Geräuschen etc. etc. besänftigen. Sie leben eingeschlossen in ihrer Welt und versuchen irgendwie mit  ihrem Dasein und ihrer Umwelt klar zu kommen. Viele Autisten leiden zusätzlich auch unter schmerzhafter Lärmempfindlichkeit.

Video von Miguel Jiron: Autismus & Reizüberflutung

 

Ich habe zu Beginn meiner Arbeit mit dem AIT jahrelang hauptsächlich mit autistischen Kindern gearbeitet, darunter in der Hale Clinic, London sowie in den Einrichtungen der Autistenhilfen Wien, Linz, Salzburg und Innsbruck.

Die hier aufgelisteten positiven Ergebnisse der amerikanischen Studien kann ich nur unterstreichen. Besonders berührend waren für mich die Momente, in denen autistische Kinder, die vorher jahrelang in sich gefangen lebten, anfingen, erste kleine Kontaktaufnahmen über Blick- oder Körperkontakt (meistens über ihre Füße) aufzunehmen und dann langsam begannen, mehr und mehr aus sich herauszutreten. Einige Male durfte ich Zeugin sein, als ein autistisches Kind das erste Mal auf seine Mutter zuging, sie umarmte und ihr sagte: „ich hab dich lieb Mami“.

Zusammengefasst möchte ich sagen, dass ein Hörtraining eine wichtige Basisarbeit für die Entwicklung eines autistischen Kindes darstellen kann - ich sehe es wie eine Art Brückenbauen zwischen der autistischen und unserer Welt. Diese Brücke können die autistischen Menschen dann auf Wunsch und Bedarf nützen, sich aber auch wieder in ihre Welt zurückziehen.

Die überwältigende Reizüberflutung wird erträglicher, Blickkontakt entsteht, Kommunikation erblüht, sogenannte Verhaltensauffälligkeiten reduzieren sich.